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Zeit-Online, 6. April 2021 Brückenschlag von Safari-Jacken zu Kolonialismus. Oder ist das JournaComedy?

Ein Artikel auf „Zeit-Online“, von dem ich anfangs dachte, er sei eine Art Schreib-Comedy, bei dieser plumpen Aneinanderreihung von Plattidüden.

Einige Zeit zögerte ich, mich an dieser Stelle zu diesem Artikel zu äussern, der aktuelle deutsche Befindlichkeiten behandelt, schliesslich verliert man etwas das Gefühl fürs Heimatland, lebt man nicht mehr dort.

Der Blick von Aussen ändert manchmal den Blickwinkel. Und dann denke ich, das ist nicht gut, in welche Richtung es geht. Es geht mitten hinein in einen Absolutismus, in dem Einzelne bestimmen wollen, was richtig und was falsch ist.

Auf „Zeit-Online“ erschien nun ein Artikel, welcher Safarijacken mit Kolonialismus gleichsetzt.

Hier geht es zum Artikel

Ihr in Deutschland scheint ganz schön einen am Kopf zu haben. Ist euch ganz und gar der BRD – Lockdown zu Gemüte gestiegen? So möchte ich es mal vermuten. Aber das ist meine Auslegung.

Ebenfalls meine Auslegung ist es, das diese Herrschaften und Damenschaften die Auseinandersetzung mit anstrengenden Themen vermeiden und sich lieber trendigen Modethemen widmen und diese mit absurden Thesen zu unterfüttern. Immer neue Meinungsheckenschützen verspritzen ihre zusammengeklaubten Meinungen. Standpunkte haben sie nicht, dafür Meinungen zuhauf und Empörung in allen Poren.

Welchen Scheinkampf führen solche Leute? Sie führen den Kampf der fettgefutterten Tastaturkrieger. Auf welch einem niedrigem Niveau wir uns doch heute bewegen.

Heute, am Dienstag, den 6. April 2021 erschien in der Onlineausgabe der Zeit ein Artikel von Tillmann Prüfer, Titel „Kolonialsimus in Jackenform“ und „Jenseits von Afrika“, in dem es darum ging, dass das Kleidungsstück „Safarijacke“ ein weisses Kleidungsstück mit kolonialer Vergangenheit sei. Ich zitiere:

  • „Die Safari-Jacke jedoch ist ein Kleidungsstück weißer Menschen. Sie geht zurück auf die khakifarbenen Uniformen der britischen Armee, die im Jahr 1900 eingeführt wurden.“
  • „Die Safari-Jacke hat ihre Wurzeln in der Ausbeutung des afrikanischen Kontinents durch Weiße, die dessen Länder als Kriegs-, Jagd- und Vergnügungsgebiet benutzten und die Einheimischen vielfach unterdrückten und versklavten. Betrachtet man, wie arglos seit bald hundert Jahren immer neue Safari-Jacken geschneidert werden, könnte man meinen, dass so mancher nach wie vor glaubt, das war okay. „

Ja, Herr Tillmann Prüfer, es ist vollkommen okay. Was sonst? Passen sie mal auf, ich Philosoph habe da eine Weisheit für sie: Nicht die Jacke macht den Rassisten, sondern das Hirn des Trägers, oder der Trägerin. Wie klug formuliert, nicht.

Was die Leser und Leserinnen vom Inhalt des Artikels halten, konnte man an den Leserkommentaren deuten. Die allerdings nach kurzer Zeit – man kann es nicht anders sagen, ausradierrrrrrt wurden. Auch mein Kommentar den ich flink dazu schrieb 🙂

  • „Als Jugendlicher in der 80er – Jahren, in der DDR verwendete ich die originale Wehrmachts – Alutrinkflasche meines Grossvaters in der Freizeit. Ich hoffe, ich habe den Geist nicht aus der Flasche gelassen und bin zum Nazi geworden. Sollte es so sein, dann stellt sich die Frage, Rechtsnazi – oder Linksnazi. Ich habe da so eine Vermutung, wohnte ich doch bis 2015 in Connewitz. Na Gott sein Dank“

Der „Zeit“ zugute halten möchte ich, dass man ja die Kommentarfunktion offen lässt und eine Meinungsäusserung zu ihren Artikeln zulässt. Auch wenn es nur für kurze Zeit ist 😉 Mit Glück kann man vorm Einsetzen des Löschgewitters einige gute Kommentare finden.

Der arme Herr Prüfer merkt mangels eigener Erfahrung garn nicht, das er damit DDR Propaganda schon längst im Niveau überrundet hat. Er kanns nicht wissen , sei es drum.

Er hat ja seine journalistischen Tools im Dienste der guten Sache gestellt. Schade, DDR-Erfahrung wäre hier so nützlich. Na besser, er weiß es nicht. Wie viele seiner MeinungsHopperTrendfolger, die den Rückschritt als Fortschritt feiern, die nicht ueber den Meinungstellerrand schauen können und Erfolge feiern, die bereits vor Jahrzehnten anderswo, ganz in ihrer Nähe bereits vermeldet wurden. Das lässt sich nicht nur auf die Safarijacke beziehen, sondern auf eine Vielzahl moderner LärmerInnen.

Zurück zum Vorkommnis „Textiler Fehlschlag Safarijacke“ ich bekam so um das Jahr 1984/85 von unserer Westverwandschaft einen Bundeswehrparka mit aufgnähter bundesdeutscher Flagge am Ärmel geschickt. Damit ging ich stolz in die Schule, was sich jedoch wegen der BRD-Fahne doch als Fehlentscheidung erwies. Die kleine Fahne war ein Symbol aus Feindesland und das durfte nicht sein. Die Fahne durfte nicht lange am Ärmel bleiben.

Ganz klar: natürlich und unbedingt, Herr Prüfer darf das sagen und schreiben. Was mich daran stört ist die Vehemenz und die Hartleibigkeit, mit welcher hier Zusammenhänge im Zuge einer Modetrömung konstruiert werden.

In einer selbsbefruchtenden, lärmenden Blase wird Unschlüssiges in stetiger Wiederholung zum wichtigen Problem gepusht, mit zurecht gebogenen Argumenten umhergeworfen und geklappert, was das Zeug hält.

Die Frage „Wo kommst du her“ wird zum Beispiel immer wieder zum Tabu erklärt. Nöö, sage ich, auch ich lebe als Ausländer und finde diese Frage menschlich und ganz normal.

Selbsternannte Antirassisten verwenden inflationär den Begriff der „Weissen“, wollen „Weissen“ zum Beispiel das Recht absprechen, farbige Verfasserinnen zu übersetzen. Andere Intelligenzmenschen mit Migrationshintergrund wollen die Schublade „Menschen mit Nazihintergrund“ öffnen und merken nicht, wie sich sich selbst brandmarken. Gerade letzer Gruppe möchte ich entgegenschmettern: habt ihr euch nicht gewundert, warum uns die Menschen, die direkt von den deutschen Verbrechen und „Wohltaten“ im Zweiten Weltkrieg  betroffen waren uns nicht so nennen? Wieso schlagen sie nicht auf die Deutschen ein? Warum kommt es aufgrund der Geschichte und des Erlebten nicht zu offener Gewalt, oder zu Verachtung?

Ich möchte einen Norweger zitieren, der kurz nach dem Krieg geboren wurde, in einer von uns Deutschen gezeichneten Stadt aufwuchs und den ich 2014 traf: „Ist es nicht ein Wunder, das wir beide, historisch gesehen, so kurz nach dem Weltkrieg hier sitzen, ein Bier trinken, uns unterhalten und uns nicht den Schädel einschlagen? Keiner unserer Landsleute macht das. Ist das nicht ein Wunder? Das haben wir nach unendlich viel Blut und Gewalt in Europa gelernt. Andere können das nicht“.

Er sagte dann noch, „Niemand steht wieder auf, wenn wir uns gegenseitig verachten, nichts von dem Geschehenen wird dadurch ungeschehen. Aber wir können aus der Geschichte lernen. Das ist das Mindeste, was wir tun können.“ Ein alter weiser Mann, norwegischer Waldarbeiter, kurz vor der Pensionierung.

Ich war ja vor 15 Jahren in einem amerikanischen Konzern beschäftigt. Ein Konzernstratege – Amerikaner – sagte mal, nachdem er kleine Sticheleien zwischen und Deutschen, französichen und britischen Kollegen verwundert beobachtete: „Eigentlich könnten die Europärer ganz gut ohne Amerika und Asien zurechtkommen. Alles, was es zum Wirtschaften braucht, findet sich in Europa und in den vergangenen Jahrhunderten habt ihr auch in Kriegszeiten immer Handel untereinander geführt und wenn nicht, dann erholte sich der Handel in sehr, sehr kurzer Zeit.“ Darauf müssen wir uns in Europa besinnen, auf unsere Stärken, die nicht selbstverständlich sind.

Wir in Europa können stolz darauf sein. Eine Safarijacke besitze ich nicht und dennoch pfeife ich auf ihre angebliche koloniale Vergangenheit.

 

 

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